Autor: Christoph

field agent

Der Pollen trägt oft statische elektrische Ladungen. Da viele Blütenpflanzen zu aktiver elektrischer Orientierung befähigt sind, kann die Pflanze die Ankunft von Pollen (auch an Insekten anhaftend) in der Blüte registrieren und die Blüten beispielsweise weiter öffnen. Das von ihr erzeugte elektrische Feld kann die Pflanze innerhalb von Sekunden ändern, um auf einfallenden Pollen oder auf Insekten zu reagieren. (Wikipedia)

Categories: 2023

Die Kunst der Fuge

Es begann mit dem Wort Maya. Zu dieser Zeit las ich die Bücher von Maya Angelou, der Grand Dame der afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die in ihrem Leben derart viel erlebt hatte, dass es sieben Bände brauchte, um ihre Autobiografie zu fassen. Allerdings führte eine andere Spur mich auch zum urzeitlichen Volk der Maya und durch sie zu den ursprünglich auf dem amerikanischen Kontinent heimischen meliponini-Bienen. Die Mayas errichteten beispielsweise Pyramiden, wie wir wissen, und sie hatten eine Sprache und dazu eigene Schrift lange bevor jemand bei uns daran dachte. Sie beteten Götter an, die mit Christus und so weiter nichts zu haben – aus christlicher Sicht waren sie für Missionierung geradezu prädestiniert. Wir wissen, wie mit ihren Nachfahren umgegangen wurde, sie leben teilweise heute noch in Mexiko und Teilen Südamerikas. Ebenso schob man nordamerikanische indigene Ethnien in Reservate ab und setzte sie dort auf wertloses Land. Für die historischen Maya bildet Honig das Zentrum der Welt.

Die Arbeit eines Freundes lenkte meine Aufmerksamkeit auf magnetische Felder. Das Wort Maya löst verschiedene Assoziationsketten aus. Dabei fand ich zu der Einsicht, dass es auf die Kräfte ankommt, die beispielsweise zwischen Planeten wirken oder die Elektronen um Atome kreisen oder Magnetpole einander anziehen beziehungsweise abstoßen lassen, und auf die komplexen Felder, die diese Kräfte formen. Allerdings verfuhr ich erneut subjektiv. Eine innere Logik erschließt sich mir und womöglich ein paar Menschen, die meine Arbeit genauer kennen. Sie verändert sich aber und verschwindet.

Es handelt sich bislang um 12 gestempelte Blätter. Die Größe jedes einzelnen beträgt 21 cm mal 42,7 cm. Der Ton ist stark chamoisfarben. Das Verblassen von Stempeltusche wird von diesem Papier offenbar bevorzugt. Leider bin ich kein Experte. Es könnte daran liegen, dass das Papier stark mit Kreide gestrichen ist und ein größerer Teil bereits anfangs aufgesogen wird. Das gebildete Assoziationsfeld lockert sich, indem es verblasst.

Categories: 2023

waxwahr

Neuer Kunstverein Regensburg

Einladungen verschicke ich nicht nur an Menschen, von denen ich weiß, dass sie nicht kommen werden, die aber wissen sollen, dass ausgestellt wird, sondern an zahlreiche Institutionen wie Kunstvereine, Galerien und so weiter. Diesmal hatte ich einige Galerien neu in den Verteiler aufgenommen. Einen Tag nachdem er die Einladung bekommen hatte, kam von einem Galeristen eine Mail zurück. Er wies mich auf einen Künstler hin, von dem er einen Laib aus Bienenwachs besitze. Er zeigte sich überaus erstaunt, dass es die Form war, die auch ich benutzte. Ihm war scheinbar nicht klar, dass ich sie unter anderem verwende, da die Imker sie seit Jahrtausenden benutzen, um Wachs zusammen zu schmelzen. Er wies mich auf die Provenienz der Arbeit hin, die er besitze, und fragte, ob ich an einem Ankauf interessiert sei. Nach ein paar Tagen antwortete ich, dass er gerne Arbeiten von mir ankaufen könne, dass es mir jedoch lieber sei, er würde sich dafür zuerst meine Ausstellung anschauen, damit er wisse, in welchem Zusammenhang sie stünden.

Fatschenkinder

Geschmacksrichtungen:

Himbeere

Apfel

Ananas

Erdbeere

Zitrone

Orange

Die Vorbereitung zu der Ausstellung begann für mich etwa Mitte Januar. Ich tat mir schwer mit den Materialitäten des Raumes. Die Wände wirken authentisch. Sie sind bucklig, oftmals verspachtelt und gestrichen und an manchen Ecken ein wenig feucht. Die äußeren tragen das Haus. Sie stehen im Widerspruch zum Boden. Der besteht aus Laminat, das vorgibt, ein lasiertes Hartholzparkett zu sein. Renate, Künstlerin und Vorsitzende der Galerie, hatte sich eine Arbeit mit Bienenwachs gewünscht und ich kam dem nach. Nur war es mir unmöglich, Wachs auf Plastik zu zeigen. So lag ich von Mitte Januar bis Mitte Mai auf der Bank in meiner Küche und wälzte plastische Ideen. Gleich zu Beginn hatte ich Stefan Mayer, einem Freund und Bildhauer, der ein Sabbatjahr in der Schule eingelegt hatte und mit seiner Frau nach Brasilien gefahren war, mein Dilemma erklärt. Zum Boden war sein schlichter Kommentar: „weiche Raumgrenze.“ Für einen Betonboden hätte ich zahllose Einfälle gehabt, für Holz vielleicht einen oder zwei. Die Arbeit würde im Kern aus verschieden farbigen Wachsscheiben bestehen. Das war mir gleich klar. Die meisten Einfälle verband, sie vom Boden zu heben. Oder, um es deutlicher zu sagen: Ich musste sie da weg haben!

Zur Eröffnung sprach Renate Haimerl Brosch, die Vorsitzende, lange über die Möglichkeiten, die Wachs bietet und die Rollen, die es über die Jahrhunderte einnahm. Ich hatte ihr das Buch Geformtes Wachs von Charlotte Angeletti geschenkt. Es ist in jeder Hinsicht herausragend: reich bebildert und mit einem schlüssigen Text. Frau Angeletti war lange im Münchener Stadtmuseum angestellt. Im Übrigen geht es in ihrem Buch gelegentlich um die ehemalige Handelsniederlassung Regensburg. Dorthin wurde das Wachs aus Afrika, Asien, dem Nahen Osten und den umliegenden Ländern befördert. Es wurde entweder sofort verbraucht, seit frühester Zeit in Form von Kerzen, oder es wurde gebleicht, umgegossen, umverpackt und weiter transportiert.

Als die Besucher schließlich Fragen an mich richten konnten, war das meiste bereits abgehakt. Vor dem weiten Feld der plastischen Möglichkeiten war die Ausstellung vielleicht ungewöhnlich, aber fiel nicht aus dem Bild. Womöglich wollte noch jemand wissen, wie die unterschiedlichen Farben zustande kommen: durch den im Wachs befindlichen Pollen. Jemand fragte nach dem Wachsfigurenkabinett der Madame Tussaud. Die verwendete aber Industriewachs.

Zur Halbzeit der Ausstellung, an einem Samstag, bei dem die Sonne mit 35°C vom wolkenlosen Himmel brannte, fand ein Gespräch zwischen Tony Kobler und mir statt. Tony wird offiziell als Kunsthistoriker vorgestellt, seine Bandbreite geht aber weit in die Philosophie hinein und streift dabei notgedrungen zahlreiche Bereiche. Ich schlug das Gespräch vor, damit es nicht bei den Objekten und Blättern, vor denen sich viele Besucher in Unverständnis herum schoben, bleiben musste. Es kam mir vor wie ein Angebot im Supermarkt. Dabei ist das Zusatzprogramm zunehmend üblich.

Unser eigentliches Gespräch fand einen Tag vorher statt. Wir hatten uns vor der Ausstellung nicht gekannt, nur anfangs kurz telefoniert. Von Freitag vormittags bis abends um acht wogte das Gespräch hierhin und dorthin. Wir saßen an verschiedenen Orten, erst in dem Restaurant neben dem Kunstverein, dann bei Tony im schattigen Garten. Als wir unter die Bäume traten, sagte ich: Hier fehlen Bienen. Abends saßen wir in der Küche. Seine Frau kochte und sagte, sie erwäge schon lange die Bienenhaltung. Wir aßen und es ging allgemein darum, wie viel Zeit dafür zu investieren sei. Das Gespräch bewegte sich selten weiter als einen Finger breit vom Thema weg.

Tony sprach in Begriffen. Und mir sind sie fremd. Ich hatte das Gefühl, dass hier ein Glatteis lauerte. Er wollte meine Ästhetik kennen lernen. Ich antwortete: Das sind für mich Wolken (Cirrus), ausgefranste Schleier, die weit oben am Himmel treiben. Dann war ihm daran gelegen, die Idee hinter der Arbeit kennen zu lernen. Dazu sagte ich schlapp, dass ich bei dem Wort Idee an Goethe denken müsse – und das ist nicht angenehm.

Eines ist mir vor allem in Erinnerung. Er sprach davon, dass wir am Folgetag, in den Räumen der Galerie, eine gute Show abliefern müssten. Zunächst war ich befremdet, aber schließlich kam ich zu dem Schluss: Womöglich ist es genau das.

Der Geist des Tales stirbt nie

Der Satz, der auf einen Streifen Papier gestempelt in der Türfüllung hing, fasst die Ausstellung ein. Er stammt aus dem ersten Buch des Tao. Darin habe ich nie viel gelesen, aber es begleitet mich stetig seit dem Beginn der 80er Jahre. Der sechste Vers beginnt mit diesem Satz. Ein besonderes Problem ist die Übersetzung. Die von Lin Yu Tang, selbst Dichter, erreichte die USA kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Von dort wurden verschiedene Übersetzungen ins Deutsche transportiert. Manche davon sind ungelenk. Diese hier fließt wenigstens vom Rhythmus her ungehindert dahin.

Nördliche Breite, Östliche Länge und Plastischer Eingriff

The James ossuary was on display at the Royal Ontario Museum from November 15, 2002 to January 5, 2003


Ein Foto, das ich ursprünglich für die Sargskulptur verwenden wollte, hatte ich von den Stockfotos (Getty-Images) heruntergeladen. Eines Tages schrieb ich an diese Leute, um die richtige Auszeichnung des Copyrights genannt zu bekommen. Man wies mich jedoch darauf hin, dass die Verwendung des Fotos, zumal, wie ich es tat, völlig unmöglich sei. Folglich verwarf ich die gesamte Skulptur, löschte die unmöglichen Bilder und suchte mir ein neues Foto. Dabei entdeckte ich auf Wikipedia eine blockartige, steinerne Kiste, in der die Gebeine eines gewissen Jesus gelegen haben sollen. Dieser Sarg hat eine ganz eigene Geschichte. Es gab einen gerissenen Verkäufer und einen blinden Käufer. Doch der Käufer fand seine Sinne wieder und ließ die Echtheit der Kiste prüfen. Dabei kam heraus, dass es nicht der besagte Jesus gewesen war, der darin gelegen hatte und man bezeichnete den Verkäufer in der Folge als Kunstfälscher. Ein langwieriger Gerichtsprozess rollte an und schließlich wurde entschieden, dass es zwar nicht Jesus‘ Sarg war, aber dass der Verkäufer dennoch kein Fälscher war. Zur damaligen Zeit, ungefähr im Jahre null, hatten mehrere Josephs mit Söhnen namens Jesus in Jerusalem gewohnt und mutmaßlich war es der Sarg eines von denen. Da dem Nutzer des Bildes diesmal alle Rechte übertragen waren, konnte ich auch das Seelenloch einfügen, dort hinaus konnte in Ruhe die Seele entweichen und sich zum Himmel aufschwingen, im Fegefeuer brutzeln oder gar in die Hölle hinab gestoßen werden. Wer weiß?

Die Arbeit trägt den Titel Flugloch. Denn natürlich ist die altbackene Kiste gedacht als künftiger Bienenstock.

Categories: 2024

Ereignis: Bienenstich

Teilnahme an der Ausstellung: Das Große Wehklagen, Regensburg

Entenhausen ist ein Weltdorf. Es kann New York sein oder Ampermoching. In jedem Fall umschließt es einen Kosmos. Darin kommen ein paar Gestalten vor, die uns bekannt sind: Dagobert, der in Dukaten badet; Onkel Donald, der von einem Fettnäpfchen ins nächste tappt; die drei findigen Neffen; Gustav Gans, der immer Glück hat; Gundel Gaukelei … und so weiter.

Was wäre das also für eine Gesamtwelt, in der nicht auch Bienen thematisiert werden beziehungsweise Raum finden? Sie sind reduziert auf zwei Grundeigenschaften, vielleicht drei. Sie stechen und sie machen Honig. Und sie summen.

In der einen Geschichte, die von dem legendären Carl Barks gezeichnet wurde, bekommt Donald als erstes den Bienenstich zu spüren (in der Ausstellung zu sehen), später wird er durch Honig entschädigt, in der zweiten bekommt Donald einen Bienenkasten von einem Mann in die Hand gedrückt, dessen Gesicht voller Beulen ist (Bienenstiche natürlich, und der Mann hat es satt) und Donald ergreift die Gelegenheit, den Neffen damit ein Schnippchen zu schlagen.

Tja

Categories: 2024

Der erste Sommer

aus den Honiggeschichten

Es war ein Mittwoch, an dem Franz mir verkündete: „Am Samstag bekommst du Bienen.“ Ich war keineswegs sicher, ob ich das überhaupt wollte oder schon wollte. Aber er hatte beschlossen, dass es jetzt soweit war. Vielleicht ging ihm auch meine (…) abstrakte Fragerei auf die Nerven. Jedenfalls schlief ich drei Nächte nicht vor Aufregung. Ich war überzeugt, der Sache nicht gewachsen zu sein.

Im Akademiegarten hatte vor geraumer Zeit jemand ebenfalls Bienen gehalten. Es stand dort, (…) versteckt zwischen Büschen nahe der Kunststoffwerkstatt, ein kleiner aufklappbarer Bienenstand. Unsere Klasse war in der Baracke neben dem Hauptgebäude untergebracht, ein u-förmiger, aus Nachkriegsschutt errichteter Bau, der einen verwilderten und von Kunst-Schutt übersäten Garten umschloss. Dorthin stellten mir die Hausmeister auf Veranlassung von Franz den Bienenstand, direkt vor mein Atelier. Er war zwei Meter lang und drei Völker passten gut hinein, zur Not vier. Drei Jahre später, nachdem ich mit den Bienen die Akademie verlassen hatte, wohnte ein Stadtstreicher darin.

Giftblase

Am Abend des 23. Mai kam Franz in die Akademie und wir fuhren zu seinem Bienenhaus (…). Wir luden drei Stöcke in mein Auto und brachten sie in ihr neues Zuhause. Bienentransport ist immer aufregend, ganz gleich, wie lange man Bienen hat. Später, nachdem die Fluglöcher wieder geöffnet waren, standen wir im Dunkeln eine Weile zusammen, unterhielten uns und tranken Bier.

Wahrscheinlich redete ich von nichts anderem in diesem ersten Sommer, erklärte allen, wie aufregend und kompliziert es sei, Bienen zu halten und wie großartig ich mich fühlte, weil ich es endlich geschafft hatte, damit anzufangen. Dabei fürchtete ich mich hauptsächlich vor ihnen, ich fühlte mich wie ein Leichtgewicht, das gegen ein Schwergewicht in den Ring muss, und besonders hatte ich Angst vor den Stichen.

Franz hatte mir seinen alten Schleier gegeben und ich benutzte dicke Arbeitshandschuhe wie ein Maurer. Aber so gut ich mich auch schützte, es gelang den Bienen immer, eine Öffnung zu finden. Ich steckte die Hose in die Schuhe, das Hemd in die Hose, die Gummibänder des Schleiers spannte ich um meine Oberarme und die Eingänge der Handschuhe umwickelte ich mit Tesakrepp. Schon um mich bienenfertig anzuziehen, brauchte ich mindestens eine Viertelstunde. Dann stand ich vor dem offenen Stock und wusste nicht, was zu tun war. Zog mal diese Wabe heraus, mal jene, unentschlossen, ohne etwas zu kapieren. Bis die Bienen wütend wurden. Nach dem Stechen fühlte ich mich meistens wie bekifft. Im Speicher über meinem Atelier hatte ich ein paar alte Matratzen gefunden, dort legte ich mich hin, bis der Rausch vorbei war. Außerdem lief ich tagelang herum, als hätte ich schlimme Schlägereien gehabt, geschwollene Lippen, geschwollene Augen, die Hände doppelt so dick.

Dann kam der Tag, als mindestens zehn Bienen es schafften, alle Schutzmaßnahmen zu unterlaufen. Sie krabbelten in meine Handschuhe und stachen mich gemeinsam in die Handgelenke. Da beschloss ich, den Schutz aufzugeben. Ich zog die Handschuhe aus, durch die ich sowieso kein Gefühl hatte und ständig Bienen unabsichtlich zerquetschte, und nahm den Schleier ab, durch dessen dunkles Drahtvisier sich wenig erkennen ließ. Natürlich wurde ich zunächst mehr gestochen, aber es fing an, mir egal zu werden. Außerdem begann ich bereits, mit meinen Bienen zu sprechen. Viele Imker tun das, stellte ich später fest. Wahrscheinlich sagte ich ihnen zu diesem Zeitpunkt: Stecht mich, so viel ihr wollt, ist mir wurscht, ich mach trotzdem weiter.

Einige Zeit darauf versuchte ich sogar, ein Abkommen mit ihnen zu treffen: Sie dürfen mich stechen, wenn ich etwas falsch mache, aber nicht ins Gesicht. Sie halten sich jedoch nicht immer daran. Bienen riechen die Angst des Menschen und wenn sie nachlässt, sind sie weniger angriffslustig. Außerdem bildet sich beim Menschen nach häufigem Stechen eine Resistenz gegen das Gift. Und je planvoller und zügiger die Eingriffe erfolgen, desto weniger regen die Bienen sich auf. Davon aber war ich im ersten Jahr noch weit entfernt.

Categories: 1992

Glas 1

Diese minimale Skulptur fertigte ich aus Anlass des ersten Honigs, den ich geerntet hatte. Hier sieht man das Etikett mit der Jahreszahl 1992. Bis ins Jahr 2004, als die Ausstellung im Berufsverband Bildender Künstler stattfand, zu der ich eingeladen war, und worauf ich die Honiggeschichten schrieb, hatte ich mir angewöhnt, Gläser aus den einzelnen Jahrgängen aufzuheben. Aus diesem ersten Jahr fand ich nur noch eines, allerdings ohne Etikett, und heute sind sie ganz verschwunden. Die Skulptur wurde im selben Privathaus realisiert wie die erste Ausstellung mit Zeichnungen. Die ausgegipste Nische mit dem Glas blieb zehn Jahre bestehen.

Seit dem ersten Glas gab es eine Honigkasse. Im Haus, wo wir wohnten, gingen nicht nur viele Leute ein und aus. Die Bewohner selbst verbrauchten Honig. Daher war es geboten, dort einen Stand zu unterhalten. Jedes Fenster war in ein inneres und ein .äußeres Element geteilt, was den Wind abhielt, und im Winter legten wir dicke Kissenrollen in die Zwischenräume, um den kalten Luftzug zu bremsen. Der Abstand zwischen den beiden Scheiben betrug ziemlich genau zehn Zentimeter, mitsamt den Rahmen blieben acht Zentimeter, was erlaubte, den Honig im Inneren zu einer Pyramide aufzubauen und die Honigkasse aufs Fensterbrett zu stellen. Diesen Verteiler installierte ich gleich an der ersten Biegung der Treppe, unmittelbar nach der Haustür.

Categories: 1992

Die erste Ausstellung

Die Ausstellung fand Ende des Jahres 1992 statt und hatte noch keinen Titel. Die Einladungskarte war zuerst gestempelt und anschließend kopiert. Diesen Vorgang wiederholte ich nie, weil ich ihn für Unfug halte. Doch stellte ich fest, dass ich mit der Bienenhaltung ein neues Kapitel in meinem Leben aufgeschlagen hatte. Viele, die ernsthaft Bienen halten, kommen nicht mehr los. Bienen sind meine Einflüsterinnen, sie träufeln Honig in mein Ohr.

Beuys sagt: „Das Fehlende selbst sein, und dafür einspringen.“

Im Jahr 1992 wusste ich bereits eine Menge. Doch es war theoretisches Wissen, angelesen, aber noch nicht umgesetzt. Dennoch wollte ich es zeichnerisch dokumentieren. Daher beschloss ich, mich hinzusetzen und nicht mehr aufzustehen, bis ich alles niedergelegt hatte. Das nahm einen Monat in Anspruch. Ich zeichnete alles durch, was mir bekannt war, von einer rudimentären Auffassung der Bienenanatomie bis hin zu den mannigfaltigen Gestalten blühender Pflanzen und dem Aufbau verschiedener Bienenstöcke.

Der Raum befindet sich in einem Privathaus und die Hängung erstreckte sich über ein interessant geschnittenes Zimmer, das eine versetzte Halbetage mit Treppe, hölzernem Geländer und Sitzecke hat. Diese schwierige Gegebenheit wollte ich natürlich einbeziehen und löste sie mithilfe einer umlaufenden Aluminiumschiene. Sie wurde von Winkeln etwa 30 Zentimeter von der Wand entfernt gehalten, überspannte Türen und Fenster und hatte nach unten ein u-förmig geöffnetes Profil. Die zur Ausstellung ausgewählten Zeichnungen waren zwischen zwei jeweils drei Millimeter starken Pendeltürenplatten eingelegt. Diese kennt fast jeder als in Streifen herabhängende, halbtrübe Lappen in den Toren großer Werkshallen. Gabelstapler rauschen durch sie hindurch und hinter ihnen schlappen sie wieder zusammen. Sie bestehen aus einem gelbstichigen, durchsichtigen Kunststoff. Ich verband die beiden Schichten an den Rändern mit klarsichtigem Doppelklebeband, steckte sie von unten in die Alu-Schienen und hinderte sie mit hölzernen Keilen am Herunterrutschen. Die Stücke hingen von einer gleichbleibenden Höhe in wechselnden Größen nach unten. Dasselbe Prinzip, abgewandelt und erneuert, verwendete ich lange bei Papierarbeiten zur Bienenthematik. Es stellt die Lagergewohnheit der Bienen nach, die je nach Nistort alles in Wachs Gebaute von festen Elementen aus, gleich ob es Äste, Bogenlaternen oder Rähmchen sind, hängend modellieren. In diesen Lagern werden auf die denkbar ökonomischste Weise Honig, Pollen und Brut verstaut.

Samenblase der Königin

Categories: 1992

Sonnenabdruck

Diese Skulptur realisierte ich Ende des Sommers 1993 und stellte sie im folgenden Jahr aus. Wenn man das Wachs erhitzt und die Abkühlung unter Luftabschluss beschleunigt, wird der Block in der Mitte stark nach unten gedrückt und es ergibt sich eine mäandernde Oberfläche. Die Seite ist weiterhin glatt. Am Boden entsteht nach jedem Schmelzvorgang eine Schicht Schlacke, die man abkratzt. Darin sammeln sich alle Schmutzpartikel, auch tote Bienen oder ehemals benutzte Zellen oder nur die Chitinhäutchen, mit denen die heranwachsenden Bienen umkleidet sind und aus denen sie schlüpfen. Dadurch wird das Wachs heller und strahlender.

Es ergaben sich drei Arten von Oberflächen.

Categories: 1993

wanzl

Akademie der Bildenden Künste München, Gemeinschaftsausstellung

Über diese Ausstellung, obwohl sie wichtig war und gut dokumentiert ist, weiß ich nicht viel zu sagen. Sie war nach der Firma betitelt, die das von uns verwendete Regalsystem herstellt. Unser Professor hatte sich mit der Geschäftsführung geeinigt und wir beförderten die Einzelteile nach München und bauten sie auf.

Die Firma wanzl liegt an der A8 in Leipheim. Viele der Einkaufswagen aus Edelstahl in Supermärkten oder Baumärkten tragen das Logo am Griff. Ich nahm mir in der Folgezeit vor, darauf zu achten. Es besteht aus dem hellblauen, kursiv gestellten Wort, das wir auf der Einladungskarte verwenden durften.

Bei dem Regalsystem handelt es sich um stehende, runde Edelstahlstangen, in die etwa alle fünf Zentimeter waagrechte Rillen eingelassen sind. Dort rasten schwarze Plastikkegel ein, und anschließend werden vergitterte Fachböden von oben her eingehängt. Ich fand das Ganze nur halbwegs praktisch, da ich mir beim Aufbau ständig die Finger einzwickte. Hatte man sich vertan und die falsche Höhe gewählt, wurde es zu einer Meisterprüfung, sie zu ändern. Die Gitterböden waren am Ende völlig verkeilt und der Abbau zu einer Kalamität geworden.

Die Ausstellung fand wohl Anfang des Jahres 1994 statt, das war das Jahr, in dem ich die Akademie verließ. Wir räumten den großen Klassenraum leer und stellten dort vier lange Regalreihen auf. Die Styroporzargen besaß ich zwar schon, aber ich setzte sie noch nicht im Freistand ein. Sie waren daher auch noch nicht mit brauner Abtönfarbe angestrichen. Sie kamen zunächst wegen ihres Schauwertes in Frage.

Categories: 1994

Beute

Bienenstand im Rosengarten am Schyrenbad, München, seit 1995

Bei der Wahl des Rähmchenmaßes richtet man sich am besten nach demjenigen, der einem das Imkern beibringt. Anfangs macht man dauernd Fehler und die Bienen fliegen einem davon. Der Pate kann Verluste ausgleichen. Ist man genötigt, sich im Voraus selbst ein Ma. auszusuchen, kommt man womöglich auf unsinnige Gedanken und wählt eines, das einem auf Dauer das Imkern schwer macht oder verleidet. Die Bienen nehmen natürlich jede Wabe an. Doch einige Fragen stehen zentral. Lässt eine Beute zu, in ihr maximal gegen die Milbe vorzugehen? Wie überstehen die Bienen die Winter? Womöglich kann man Verluste nur schwer ausgleichen, da keiner Bienen hält, die auf diesem Maß sitzen. Das Rähmchenmaß entscheidet folglich, welche Bienenwohnung man wählt.

Der Beginn der Beziehung Mensch-Biene wird auf etwa 10.000 Jahre v. Chr. geschätzt. Das Bienenlexikon sagt: „Es ist oft darüber diskutiert worden, ob es sich damals um eine reine Nutzung der Bienen gehandelt hat oder ob der Mensch schon in einer höheren Entwicklungsphase seiner Umweltbeziehungen gewissermaßen zu einer Haltung der Bienen gelangt war.“

Transport

Categories: 1995