Der Stadtimker
Am ersten Oktober des Jahres 1998 wurde ein Rundfunkbeitrag mit dem Titel Der Stadtimker in Bayern2Radio ausgestrahlt. Der Urheber war Burkhard Mücke und ich war etwa eine Woche zuvor von ihm interviewt worden. Zum Glück hatte jemand alle ähs, die sich unwillkürlich in meine Rede geschlichen hatten, herausgeschnitten. Damals war das Thema Stadtimker überraschend, es war noch nicht virulent geworden und in die Mode der Balkonimker abgedriftet.
Eines Tages im Herbst besuchte ich Burkhard und seinen Freund John Ferguson, einen amerikanischen Biologen, auf deren luxuriös ausgebautem Hof in Niederbayern. Mir fielen sofort die zahlreichen Blumen auf, die in einem riesigen runden Beet in der Auffahrt noch blühten. Und ich fragte mich, wie John das hinbekommen hatte. Wir schritten das große Gelände, das zum Hof gehörte, gemächlich ab, stapften durch Matsch und liefen über gemulchte Brachflächen. Die Beiden machten kaum Aufhebens davon, aber es war schnell zu erkennen, dass der Grund in eine riesige experimentelle Gärtnerei umgewandelt worden war. John forschte an Pflanzen und natürlichem Dünger. Nachdem wir Kaffee getrunken hatten, nahmen Burkhard und ich den später ausgestrahlten Text auf. Wir saßen dazu an einem Tisch, von dem aus man in einen Wintergarten blicken konnte.
Burkhard hatte mit einem Kamerateam auch Filmaufnahmen am Bienenstock gedreht, doch sie waren nicht zu einem fertigen Fernsehbeitrag zusammengeschnitten worden. Er hatte vorgehabt, sie in der Sendung Querbeet zu zeigen, die regelmäßig seine Beiträge brachte. Er führte mich in ein Arbeitszimmer und öffnete einen riesigen Schrank, der voller Aufnahmen steckte, zog dieses und jenes Band heraus, alle waren säuberlich beschriftet, und schließlich händigte er mir das Rohmaterial aus, das sie von mir aufgenommen hatten. Doch ich war nicht interessiert. Wäre die Sendung im Fernsehen gelaufen, hätte ich sie mitgeschnitten und in einer Rundmail darauf hingewiesen. Doch bis dahin waren es unzusammenhängende Auszüge, denen ich nichts abgewinnen konnte. Er ließ mich allein, damit ich mir alles auf einem riesigen Bildschirm ansehen konnte. Indessen saß ich still auf einer dunklen Ledercouch und schaute aus dem Fenster und beobachtete, wie der Abend sich herein senkte.
Wieder später saßen wir zu dritt und aßen zu Abend. Es gab selbst gezogenes Gemüse, größtenteils sogar roh. Ich war erstaunt. In dem riesigen, komfortabel ausgebauten Hof wirkte es übermäßig spartanisch. Heute finde ich schade, wie wenig ich über Pflanzen wusste. Wir unterhielten uns bis in die Nacht und am folgenden Morgen fuhr ich ab.