Monat: Juli 1997

Projekt Honigladen

Eine prägende Besonderheit im Vorfeld dieser Ausstellung war, dass ich jahrelang im gegenüberliegenden Haus gewohnt hatte. War ich unten aus der Haustür getreten, war selbst ein flüchtiger Blick nicht umhin gekommen, die jeweils aktuelle Ausstellung zu streifen. Da der Raum im Vorderhaus liegt und ehemals ein Laden gewesen ist, mit ausgiebigen Schaufensterflächen und einem länglich geschnittenen Präsentationsraum, fiel es mir schwer, zu verstehen, warum diese örtliche Gegebenheit noch kein Künstler aufgegriffen hatte. War sie zu banal? Jedenfalls war in mir lange der Wunsch gereift, dort erneut eine Ladensituation zu inszenieren. Und als es dazu kam, überlagerten sich die künstlerischen Motive mit ganz pragmatischen, wie zwei sich ergänzende Schablonen, die erst übereinander gelegt ein vollständiges Bild ergeben. Ich hatte wirklich etwas zu verkaufen. Die Ausstellung wurde im Sommer des Jahres 1997 eröffnet. Ich hielt die Bienen im fünften Jahr, pflegte aber ein stiefmütterliches Verhältnis zu Honig. Die Eimer stapelten sich in meinem Atelier im Keller und standen unterm Bett. Andere schleppte ich später über einen großen Umzug hinweg mit. Zu dieser besonderen Präsentation arbeitete ich zumindest das Bestehende ganz auf. Ansonsten hangelte ich mich von Ausstellung zu Ausstellung und vertraute auf natürliche Absatzwege. Über Freunde und Bekannte verkaufte ich etwa die Hälfte der jährlichen Ernte. 20 Jahre später hat es sich so weit gesteigert, dass die Leute sich bei den Weiterverkäufern in Listen eintragen. Der Honig ist verkauft, bevor er geerntet ist.

Wie die Abbildung zeigt, stellte ich ein acht Meter langes Stahlregal auf und füllte es mit verschiedenen Sorten und Jahrgängen. Das Mengenangebot reichte von 500-Gramm-Gläsern bis zu mittelgroßen Eimern mit je 12,5 Kilogramm. Die gigantischen 40-Kilo-Gebinde, die wohl keiner auf dem Frühstückstisch haben will, stellte ich erst gar nicht hin, sondern füllte sie in Gläser und kleinere Eimer ab. Wie viel Honig schließlich im Angebot war, habe ich vergessen, aber es war ein sogenanntes Schwerlastregal. Dazu führte ich die üblichen Ladenöffnungszeiten ein und gab bereitwillig jedem Auskunft.

Die Sache lief nicht schlecht. Man kannte mich auf einmal.

„Scheuerecker, mhm? Ist das nicht der mit den Bienen?“

„Richtig. So ein großer mit halber Glatze.“

„Ist er nett?“

„Kann ich nicht sagen.“

Die Ausstellung als Laden im ehemaligen Laden war so angelegt, dass sie meine tägliche Anwesenheit einschloss. Manche kauften den Honig unbesehen, andere stellten nur stundenlang Fragen.

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